Abwehr gegen EFT
Diese zweiteilige Abhandlung von Dr. Patricia Carrington beschäftigt sich mit einem wichtigen Konzept, über das ernsthafte EFT Lernende intensiver nachdenken sollten. Teil 1 von 2
Dr. Patricia Carrington
Stellen Sie sich vor, Sie seien ein enthusiastischer Anhänger von EFT, der diese Methode jedem empfiehlt, den er kennt. Und jetzt stellen Sie sich das Unvorstellbare vor - nämlich dass ausgerechnet Sie selbst sich nicht immer daran erinnern, es anzuwenden, obwohl es ausgerechnet zu diesen Zeiten besonders sinnvoll für Sie wäre. Wenn diese Beschreibung auf jemanden zutrifft, den Sie kennen, sind Sie nicht alleine.
Ich höre häufig: Ich verwende EFT, wenn ich unter enormem Druck stehe, wie z.B. bei einer medizinischen Untersuchung, oder bei einem Unfall oder wenn ich gerade besonders schlechte Nachrichten erfahren habe und so weiter, und ich wende es auf jede Menge ganz Alltägliches an - aber ich kann mich anscheinend nicht daran erinnern, es zu tun, wenn ich wirklich emotional sehr aufgewühlt bin. Wenn ich mich sehr aufrege oder sehr zornig bin, dann scheint mir EFT einfach keine Lösung zu sein.
Weshalb berichten so viele Menschen über diesen erstaunlichen blinden Fleck, und zwar nicht nur im Hinblick auf EFT, sondern auf alle Selbsthilfemethoden ganz generell?
Eine ganz interessante Theorie zu diesem Thema kann man in dem kürzlich in Garys Newsletter veröffentlichten Artikel von Dr. Caroline Saltzman nachlesen.
In diesem Artikel wird auf eine Tendenz hingewiesen, die wir alle haben, nämlich in Zeiten von hohem Stress in frühere Stadien unserer Entwicklung zurückzufallen. Sie nennt diese psychologischen Manöver Altersentsprechende Fähigkeiten und geht davon aus, dass hier der Grund dafür liegt, warum wir unter hoher Belastung dazu tendieren, EFT zu vergessen - soll heißen, dass wir EFT einfach in dem Entwicklungs-Stadium, in dem wir uns dann befinden, noch gar nicht kannten. Ihr Artikel ist sehr lesenswert und bietet eine Menge Denkanstöße für das Phänomen des Widerstandes gegen EFT.
Ich möchte Ihren Ausführungen noch zwei andere Erklärungen zur Seite stellen. Keine dieser Erklärungen steht im Widerspruch mit Catherine Saltzmans Ausführungen, sondern sie unter stützen sie eher.
Nach meinen Beobachtungen ist einer der Hauptgründe, wegen dem wir EFT in Zeiten extremer Belastung nicht nutzen bzw. nicht einmal daran denken, das, was ich als unseren Monitor bezeichne. Der Monitor ist ein Teil unseres Verstandes, der quasi etwas neben uns steht und alle einkommenden Informationen auswertet und dann aus den vielen möglichen Antworten, die wir in unserer Erinnerungsdatenbank abgespeichert haben, die Angemessenste heraussucht. Unser Monitor ist wie das Lichtsignal eines Leuchtturms, der kontinuierlich die gesamte Umgebung ausleuchtet, um jedes Gefahrenzeichen möglichst frühzeitig zu erkennen. Dies ist eine lebenswichtige Fähigkeit, die wir praktisch ständig nutzen.
Unglücklicherweise fährt unser Monitor in Zeiten starker negativer Gefühle, wie z.B. Zorn, Angst, Trauer oder ähnliches, sein Spektrum zurück. Es ist, als ob der Leuchtturmwärter den Lichtstrahl an die Gefahrenlage angepasst hätte, so dass er nicht mehr in einem 180° Winkel die gesamte Landschaft ausleuchtet, sondern in einem schmalen Streifen von 10-15° nur noch den potentiellen Gefahrenstreifen beleuchtet. Dies kann unsere Effektivität dramatisch reduzieren. Der Lichtstrahl beleuchtet nun nur noch den sehr schmalen Streifen der Landschaft, in dem unser Verstand die Gefahr vermutet.
Dieses Herunterfahren der Leistung des Monitors in Zeiten starken Stresses bringt den sogenannten emotionalen Tunnelblick mit sich. Es ist derselbe Effekt, als würden wir Scheuklappen tragen. Wir sehen nicht nur den Wald vor lauter Bäumen nicht, wir können schon froh sein, wenn wir überhaupt einen Baum oder einen Teil davon sehen. In der Zwischenzeit kann der gesamte Wald abbrennen, ohne das wir es überhaupt mitbekommen. Unser Bewusstsein auf einen so schmalen Streifen zu konzentrieren, kann gefährlich sein, und so ist es wenig verwunderlich, dass wir in solchen Zeiten nicht dazu motiviert sind, an den Gebrauch einer so einfachen Methode wie EFT zu denken.
Wenn wir dann in Panik geraten, fährt unser Monitor sein Spektrum noch weiter herunter. Eine lebensbedrohliche Situation oder eine Situation, die wir als gefährlich für unsere Identität oder unsere persönliche Meinung empfinden, kann die Leistungsfähigkeit des Monitors so weit herab setzen, dass unsere Urteilsfähigkeit ganz erheblich beeinträchtigt ist.
Ein Freund von mir erinnert sich noch lebhaft an ein Vorkommnis, als er mit seiner Freundin das Theater besuchte. Sie hatten einen guten Platz in der zweiten Reihe, als hinter der Bühne ein Feuer ausbrach und die Besucher aufgefordert wurden, das Theater in einer geordneten Form zu verlassen.
Er sah sich um, bemerkte rasch eine Fluchttür in der Nähe und wollte sie schnell dorthin bringen. Zu seiner Überraschung riss sie sich los und begann in die entgegengesetzte Richtung zu laufen - direkt in die Mitte des Saales, in der sich schon eine aufgeregte und drängelnde Menschenmenge angesammelt hatte.
Er packte sie am Arm und gab ihr zu verstehen, dass sie durch die Seitentür den Raum leicht verlassen könnten, aber sie war taub für seine Worte. Ihr Monitor war so sehr fokussiert, dass alles, was sie sich vorstellen konnte, die Tatsache war, dass der Mittelgang nach draußen führte und sie stürzte sich in den Pulk vorwärtskämpfender Körper.
Er verließ das Theater durch die Seitentür und wartete dann vor dem Theater 20 Minuten lang auf sie, bis sie sich endlich mit der restlichen Menge zitternd durch die Eingangstüren gekämpft hatte.
Diese Art irrationalen Verhaltens zeigt, mit welchen Problemen wir zu kämpfen haben, wenn wir von einer Person (uns selbst eingeschlossen) erwarten, dass sie soviel Urteilsfähigkeit besitzt, EFT anzuwenden, wenn sie sich bedroht fühlt (aus welchem Grund auch immer). Wenn uns eine überwältigende Emotion im Griff hat, dann Auf Wiedersehen EFT oder irgendeine andere konstruktive Methode, mit der wir uns selbst wieder beruhigen könnten - es sei denn, dass wir uns bereits im Vorfeld darauf vorbereitet haben, ein bevorstehendes stressvolles Ereignis mit Hilfe von EFT zu bewältigen oder dass uns EFT zu einer zweiten Natur geworden ist, wenn wir uns einer ernsthaften Bedrohung gegenüber sehen.
Hier liegt aber auch ein Problem verborgen, wenn wir versuchen, uns darauf vorzubereiten, EFT zu benutzen, wenn wir unter starkem Stress stehen, weil EFT selbst auf uns in Zeiten starker Bedrohung gefährlich wirken kann. Wir könnten befürchten, dass EFT unsere Verteidigungslinien schwächen könnte - und unsere Programmierung lässt Schwächung unserer Verteidigungslinien im Angesicht der Gefahr nicht zu.
Eine Methode, mit der wir unsere Tendenz, vor jeder Anwendung von EFT zurück zu schrecken, sobald wir das Gefühl haben, dass wir um unser Leben (oder unsere Ehre oder unsere Identität) kämpfen müssen, bekämpfen können, besteht darin, sich in einem ruhigen Moment hinzu setzen und eine Liste unserer ganz persönlichen Trigger zusammenzustellen, dieser Situationen oder Personen, die in uns solches Unbehagen hervorrufen können, dass unsere Effektivität erheblich eingeschränkt wird. Wenn man diese erst einmal identifiziert hat, dann können diese negativen Trigger ein Signal für uns sein, auf der Stelle mit der Anwendung von EFT zu beginnen. Es ist auch sinnvoll, diese Trigger bereits im Vorfeld zu beklopfen.
Der Punkt besteht darin, dass, sobald wir zulassen, dass unser Monitor herunterfährt - und das geschieht in aller Regel automatisch, wenn man nicht darauf achtet - dies den Gebrauch von EFT und aller andere positiven Optionen verhindern kann, so dass man sich wirklich regelrecht darauf trainieren muss, es zu benutzen, wenn man es am meisten braucht. Der beste Weg hierfür ist, EFT bereits vorbereitend für besonders stressvolle Situationen, die einem passieren können, anzuwenden. Für einen solchen Zweck ist z.B. das nachfolgende EFT Statement oder ein ähnliches hilfreich:
Auch wenn ich dazu neige, EFT zu vergessen, wenn ich in Gefahr bin, entscheide ich mich, EFT sofort anzuwenden, sobald ich mich bedroht fühle.
In meinem nächsten Artikel werde ich Ihnen zwei weitere Gründe darstellen, die uns daran hindern, EFT anzuwenden, wenn man es am meisten braucht.
Teil 2
Im ersten Teil dieser zweiteiligen Artikelreihe habe ich das Problem des Herunterfahrens unseres internen Monitors (des Teils unseres Verstandes, der praktisch neben uns steht und alle einkommenden Informationen auswertet und dann aus den uns zur Verfügung stehen den Erinnerungsdatenbanken eine der vielen möglichen Reaktionen aussucht). Das Herunterfahren des Monitors in Zeiten erhöhten Stresses kann dazu führen, dass wir vergessen, EFT anzuwenden, auch wenn wir unter normalen Umständen ein glühender EFT Anhänger sind.
Heute will ich noch eine Begründung dafür anführen, weshalb EFT Anwender sich manchmal dagegen sträuben, EFT anzuwenden. Der Grund besteht darin, dass wir uns, wenn wir das Gefühl haben, dass wir in Gefahr sind, hartnäckig dagegen wehren, uns zu beruhigen. In diesen Fällen haben wir das Gefühl, dass unser Überleben davon abhängt, dass wir unsere Notprogramme ablaufen lassen. Wenn Sie zum Beispiel sehen, dass Ihr Haus abbrennt, würde die Überlebensstrategie darin bestehen, Angst zu entwickeln. Grund dafür ist, dass uns dies zur Flucht motiviert und unser Überlebensinstinkt wird uns nicht gestatten, diese Angst zu verlieren, außer wenn wir sie in etwas umwandeln, was wir für ähnlich geeignet dafür halten, uns selbst zu schützen.
Als Resultat dessen wollen vielen Menschen unter extrem stressigen Umständen EFT nicht anwenden, weil sie in diesem speziellen Moment davon überzeugt sind, dass ihre intensiven Gefühle, sei es nun Angst, Zorn oder irgendein anderes heftiges Gefühl, absolut notwendig sind, um sich selbst zu beschützen.
Nehmen wir zum Beispiel jemanden, der extrem zornig ist. Ich habe häufig gesehen, dass sich solche Menschen bedroht fühlen, wenn man ihnen vorschlägt, eine Technik anzuwenden, um ihre zornigen Gefühle zu dämpfen. Alles, was so jemand in diesem speziellen Augenblick will, ist, sich von dem, was sie als Feind empfinden, zu befreien.
Ein EFT Statement, das in einem solchen Fall, wenn jemand intensive Gefühle durchläuft, wie z.B. Zorn oder sonstige Gefühle, von denen sie im Moment nicht ablassen wollen, wäre beispielsweise:
Auch wenn ich (diese Person) am liebsten ... (an die Wand klatschen, schlagen, abmurksen) würde, entscheide ich mich, ihn/sie so zu behandeln, wie es am Besten ist.
Das kann sehr häufig wirken, denn egal, wie zornig wir auch sein mögen, die wenigsten unter uns würden es ablehnen, die Situation, die sie in Wut gebracht hat, in der besten Art und Weise zu behandeln, da dies ganz offensichtlich unsere Sicherheit erhöhen würde. Dieses Statement kann ganz nützlich für uns sein, denn es kann nicht leicht in einen Versuch umgemünzt werden, uns durch Aberkennung unseres gerechten (schützenden) Zorns zu schwächen, sondern es wird im Gegenteil als unterstützend empfunden. Interessant ist, dass durch das Beklopfen dem Zorn die Spitze gebrochen wird, was ihn sogar abschwächen kann!
Unter anderem können folgende EFT Statements nützlich sein, um uns daran zu erinnern, EFT anzuwenden, wenn wir intensiven Gefühlen ausgesetzt sind:
1. Auch wenn ich enorm aufgeregt (zornig, wütend) bin, beschließe ich dennoch, einen klaren Kopf zu behalten.
Dies kann für viele Menschen ein akzeptables Statement sein, da die meisten Menschen gerne einen klaren Kopf behalten würden, auch wenn sie sich im Stress oder anderweitig in Gefahr befinden. Dieses Statement zu beklopfen, fühlt sich nicht so an, als würde es uns schwächen, und wird daher wird es auch eher nicht abgelehnt.
2. Auch wenn ich enorm aufgeregt (zornig, wütend) bin, beschließe ich dennoch, abzuwarten, bis ich die Situation besser überblicken kann.
Dies ist eine andere gute Wahl, da es uns, in Krisensituationen eingesetzt, Zeit gibt, uns über die Sache klar zu werden. Dieses Statement wird als sicherheitsverstärkend empfunden und es zu beklopfen, fühlt sich gleichzeitig weise und sicher an.
3. Auch wenn ich enorm aufgeregt (zornig, wütend) bin, beschließe ich dennoch eine Antwort zu finden, die für jede beteiligte Person akzeptabel ist.
Das ist ebenfalls ein Statement, das einerseits nicht bedrohlich und andererseits als hilfreich sogar für ein ängstliches Gemüt empfunden wird und kann häufig ohne Gegenwehr eingesetzt werden.
Um es noch mal zusammenzufassen, neigen wir dazu, uns gegen EFT zu wehren, wenn wir außergewöhnlich starken Emotionen ausgesetzt sind, weil sowohl unser Körper wie auch unser Unterbewusstsein der Auffassung sind, dass uns unsere intensive Emotion retten wird und dass es deshalb besser ist, nichts dagegen zu tun.
Die beste Strategie besteht in solchen Fällen darin, Statements zu verwenden, die den unmittelbaren Selbstschutz-Instinkt umgehen, die es uns erlauben, uns vollständig sicher zu fühlen, auch wenn wir uns beruhigen, die uns klarmachen, dass unsere Identität oder unser Leben nicht dadurch bedroht werden, dass wir es tun.
Solche Strategien anzuwenden, sollte EFT für Sie in Zeiten extremer Intensität attraktiver machen. Tatsächlich wird Ihnen das möglich machen, EFT dann anzuwenden, wenn Sie es am meisten brauchen.
Patricia Carrington , Ph.D.
übersetzt von Dorothee Geray